Resilienz - Aspekte der Wahrnehmung und Entwicklung
1. Resilienz auf allen Ebenen der Gesundheit
In Bezug zu den psychischen Arbeitsbelastungen und einhergehenden Fehlzeiten bzw. krankheitsbedingten Ausfällen lohnt sich ein Blick auf das sogenannte "Immunsystem der Seele" - unsere Resilienz - und damit auf die Frage "welche psychischen Faktoren uns gesund erhalten". Doch ist das überhaupt die richtige Frage?
Im Mindset einer zukunftsorientierten Führungskraft ist mit Sicherheit ein größerer Blickwinkel zielführender: Die Resilienz als Schlüsselfaktor für die Gesundheit in schwierigen Situationen - und demzufolge die Frage, wie Menschen selbst unter widrigsten Umständen ihre Gesundheit bewahren. Schauen wir uns jetzt verschiedene, viel zitierte Begriffsdefinitionen zum Wort "Gesundheit" an, gehören eben nicht nur die psychologischen, sondern auch die biologischen, sozialen und spirituellen (im Arbeitskontext verstanden als sinngebende) Faktoren dazu. Die Entwicklung und Stärkung der Resilienz, die alle vier genannten Ebenen einbezieht, wird aus dieser Perspektive heraus zumindest deutlich erfolgsversprechender.
2. Resilientes Handeln kann auch widerstandsloses Handeln sein
In vielen Interpretationen wird die Resilienz als menschliche Widerstandskraft verstanden - als beherztes Angehen gegen Probleme und die Beherrschbarkeit von herausfordernden Situationen. Dabei dürfen wir für ein gesundes und resilientes Leben aber nicht vergessen, dass es auch Momente gibt, in denen wir keinen Widerstand leisten müssen und in denen wir stattdessen mitfließen und akzeptieren dürfen. Gerade in unserer, auf Leistung, Stärke und Kontrolle ausgerichteten Kultur fällt aber dieses Fließen und ein damit verbundenes Loslassen (als ein ganz anderer Aspekt der Resilienz) besonders schwer.
3. Menschen sind keine Stehaufmännchen
Im Zusammenhang mit dem Widerstandsverständnis kommt es auch immer zu dem Trugschluss, dass ein resilienter Mensch nach einem Niederschlag sogleich wieder voll funktionsfähig ist. Doch Menschen sind keine "Stehaufmännchen" und erst recht keine "Maschinen". Menschen haben Gedanken, Glaubenssätze, Gefühle und ein Sinnempfinden. Sie sind in herausfordernden Situationen oder nach einer schlimmen Erfahrung energielos, erschlagen, schmerzverzerrt oder hoffnungslos. Aber auch das ist normal und eben kein Zeichen fehlender Resilienz. Vielmehr gilt es auch solche Momente wahrzunehmen und nicht automatisch weiterzumachen...schließlich kann dies auch ein Hinweis sein, etwas zu verändern.
4. Resilienzentwicklung heißt Mensch-Sein
Wenn wir durch Resilienzentwicklung nur hoffen, die Fehlzeiten und Fluktuationen in unseren Organisationen, Unternehmen oder Einrichtungen zu reduzieren, sind wir in einer elementaren Schieflage innerhalb dieses Themas. Denn ein Mensch wird es spüren, wenn man sich nicht aus tiefster Überzeugung für sein Wohlbefinden interessiert - sondern lediglich an Zahlen und Kosten orientiert ist.
Resilienzentwicklung bedeutet demnach ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen als Lebewesen - und nicht als humane Ressource - wahrgenommen, wertgeschätzt und gewürdigt werden. Die Grundlage dafür (auch im Sinne eines salutogenetischen Gesundheitsverständnisses) ist die Gestaltung eines Arbeitsplatzes, der alle vier Ebenen unterstützen kann: physische, psychische, soziale und sinngebende Aspekte. Wertschätzende Kommunikation, konstruktiver Umgang mit Konfliktsituationen, soziale Unterstützung sind wesentliche Bestandteile der Resilienzentwicklung, aber vor allem Mensch sein und menschlich bleiben (mit all den eigenen Stärken und Schwächen).
5. Resiliente Führung braucht resiliente Selbstführung
Neben dem Wissen über die Faktoren, die die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeinflussen, braucht eine Führungskraft einen guten Blick auf sich selber. Dabei ist die Selbstzuwendung, das Beachten der eigenen Bedürfnisse und Werte, der Einstieg in eine resiliente Selbstführung. Und nur durch eine resiliente Selbstführung kann die Motivation entstehen, das gesamte Arbeitsumfeld im Hinblick auf gesundheitsförderliche und -gefährdende Faktoren zu durchleuchten...als Basis für eine optimale Begleitung von resilienten Beschäftigten.