TYPISCHE DENKFEHLER IM BGM

TYPISCHE DENKFEHLER             IM BGM

Stolpersteine gehören fortwährend dazu, wenn man sich mit der Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt. Sofern allerdings falsche Annahmen oder Irrtümer bestehen, gilt es sich damit auseinanderzusetzen. Denn nur so besteht die Chance, das BGM und damit auch die Gesundheitskultur in einem Unternehmen zu optimieren.

Unsere Begegnungen im Jahr 2024: Die größten Irrtümer im BGM

Die persönliche Wahrnehmung des vergangenen Jahres sagt uns, dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement in Deutschland noch immer nicht in dem Maß umgesetzt und mit dem Erfolg durchgesetzt wird - wie es mit Blick auf die Herausforderungen unserer modernen Arbeitswelt eigentlich notwendig wäre.

Exkurs: Die Zielsetzung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement
Das Ziel innerhalb eines Betrieblichen Gesundheitsmanagement ist es, die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten bzw. zu verbessern und sie zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil zu befähigen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die gesundheitsförderliche Gestaltung betrieblicher Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse. Während die „Verhältnisprävention“ die Bedingungen des Arbeitsplatzes und der gesamten Organisation betrachtet, rücken bei der „Verhaltensprävention“ die Mitarbeitenden in den Fokus.

In unserer Arbeit begegnen uns immer wieder ähnlich falsche Annahmen – zu Einflussfaktoren der menschlichen Gesundheit, zu Kausalitäten bzgl. der Fehlzeiten und zur inhaltlichen Ausgestaltung des Gesundheitsmanagements in einem Unternehmen. Demzufolge wollen wir mit diesem etwas anderen Jahresrückblick die größten Irrtümer, mit denen wir uns im Jahr 2024 auseinandersetzen mussten, einmal näher beleuchten…nicht um die Fehler des Jahres oder das entsprechende „Falschmachen“ anzuprangern…sondern um Überzeugungen zu hinterfragen, neue Lösungen zu finden und vor allem zu lernen!

Jahresrückblick 2024

 

Irrglaube Nr. 1

„Der Erfolg des Betrieblichen Gesundheitsmanagements lässt sich am Krankenstand ablesen.“

Durch das Erheben von Kennzahlen wollen Unternehmen Informationen über die Wirksamkeit und den Erfolg von einzelnen Gesundheitsaktionen oder ganzer BGM-Prozessabschnitte gewinnen. Dieses Vorgehen ist mit Sicherheit auch zweckmäßig – unter der Voraussetzung, dass viele verschiedene Kennzahlen in ihrer Gesamtheit betrachtet und interpretiert werden. Für einige Unternehmen ist jedoch eine bestimmte Kennzahl von so großer Bedeutung, dass sie gerne isoliert betrachtet wird: die Fehlzeiten aufgrund von Krankmeldungen. Der begleitende Gedanke „Je geringer der Krankenstand, desto wirksamer das BGM“ stimmt dabei allerdings nur sehr bedingt.

Grund hierfür ist, dass eine Vielzahl an Einflussgrößen auf unsere Gesundheit existieren und dass nicht alle Parameter innerhalb unserer BGM-Arbeit voll oder wenigstens in gewissem Maße zugänglich sind.

Parameter für Krankmeldungen im Unternehmen und entsprechende Einflussmöglichkeiten:

  • Betriebliche Parameter (Verhalten, Verhältnisse, Führung & Kultur) = Direkter Einfluss durch das BGM
  • Persönliche Parameter (Alter, Geschlecht, Genetik/Epigenetik, Familie, Soziales Umfeld) = Bedingter Einfluss durch das BGM
  • Externe Parameter (Pandemien, Grippewellen, Konjunktur, Gesetzliche Rahmenbedingungen) = Kaum Einfluss durch das BGM

Aus diesem Gedanken heraus sollten neben dem Krankenstand weitere Kennzahlen – wie z.B. zur Produktivität, zur Mitarbeiter-Fluktuation und zur Arbeitszufriedenheit – als Parameter der betrieblichen Gesundheit und zur Wirksamkeit eines BGM-Prozesses betrachtet werden.

 

Irrglaube Nr. 2

„Es ist wichtig, den Return on Invest (ROI) zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement zu erheben.“

Der ROI ist eine Kennzahl, die den finanziellen Nutzen bzw. den Gewinn in Beziehung zum investierten Kapital setzt. Während der Gewinn dabei in der Regel über die Kosteneinsparungen (durch reduzierte Fehltage) errechnet wird, gehören zum investierten Kapital im BGM die Kosten für die verschiedenen Maßnahmen sowie die anfallenden internen Personalkosten.

Doch die Konzentration auf „harte Kennzahlen“, wie der Krankenstand, die Altersstruktur, die Fluktuationsquote und die Anzahl von Arbeitsunfällen, greift aus unserer Sicht zu kurz – um einen wirklichen Geldwert zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement errechnen zu können. Diese Faktoren lassen sich zwar mit geringem Aufwand erheben, geben jedoch kein vollständiges Bild über den „Wohlfühlfaktor“ im Unternehmen ab.

Aussagekräftiger ist hier mit Sicherheit der VOI (Value of Interest), der auch qualitative Parameter wie Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit sowie arbeitsbedingte psychische Belastungen, aber auch die Resilienz der Beschäftigten, ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und sogar die Arbeitgeberattraktivität erfasst. Dieses Erheben ist durchaus aufwendig und geschieht z.B. durch eine Mitarbeiterbefragung – aber gerade diese Faktoren, die sich nicht direkt quantifizieren lassen, liefern einen wichtigen Anteil zu einer gesundheitsförderlichen Unternehmenskultur und einer starken Arbeitgebermarke.

 

Irrglaube Nr. 3

„Wenn wir als Unternehmen Gesundheitsaktionen aus allen relevanten Handlungsfeldern anbieten, ist alles getan.“

Im Maßnahmenkatalog des Betrieblichen Gesundheitsmanagements finden wir häufig vier klassische Handlungsfelder vor: Bewegung, Ernährung, Stress und Sucht. Der Glaube, dass ein reines Zur-Verfügung-Stellen beliebiger Aktionen aus diesen Themenbereichen ausreicht, ist allerdings ein Irrtum. Das Kernproblem in vielen Unternehmen besteht nämlich darin, dass herkömmliche BGM-Maßnahmen überwiegend von den ohnehin gesundheitsbewussten Mitarbeitenden wahrgenommen werden – nicht aber von den gesundheitsfernen Zielgruppen.

Um dem entgegenzusteuern, müssen im ersten Schritt die verschiedenen Zielgruppen im Unternehmen erkannt und definiert werden – um diese im zweiten Schritt mit adäquaten Methoden und über passende Kanäle für die BGM-Maßnahmen zu aktivieren. Bedeutende Aspekte sind hier mit Sicherheit: Gamification (gerade für die jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), Incentivierung in materieller und immaterieller Form sowie eine Kombination von digitalen Angeboten und Präsenzveranstaltungen.

Daneben ist die Kommunikation im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements unerlässlich, um eine hohe Teilnahmequote zu erreichen. Jegliche Möglichkeiten sowohl digitaler als auch analoger Art sollten ausgeschöpft werden, um möglichst viele im Unternehmen anzusprechen. Auch die Führungskräfte nehmen eine äußerst wichtige Position darin ein, diese Kommunikation zu unterstützen und Ihre Mitarbeitenden zur Teilnahme an den entsprechenden Maßnahmen (Trainings, Seminare, Gesundheitschecks, etc.) zu animieren.

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Irrglaube Nr. 4

„Die Digitalisierung macht die Arbeit leichter und damit stressfreier.“

Den neuen Technologien wird häufig zugeschrieben, dass sie die Arbeit erleichtern – was in Bezug auf Prozesse und Abläufe natürlich auch stimmt. Doch darf auch nicht vergessen werden, dass die Digitalisierung die häufig zitierte VUKA-Welt zusätzlich „befeuert“, die ohnehin durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität charakterisiert wird. Es verändern sich Branchen und Märkte – gleichzeitig verändern sich Arbeitsweisen und eben Rahmenbedingungen in erstaunlicher Geschwindigkeit, was von den Mitarbeitenden häufig als extreme Belastung angesehen wird.

Um zum einen mit der Flut an Informationen, der steigenden Komplexität und der ständigen Erreichbarkeit gut umzugehen, bedarf es Unterstützung vonseiten des Unternehmens sowie der Führungskräfte. Innerhalb des Betrieblichen Gesundheitsmanagements gilt es das Stressgeschehen zu erfassen und Angebote zur Regeneration zu schaffen. Das Wissen, welche Aspekte stressfördernd bzw. -reduzierend sind, hilft den Beschäftigten, z.B. in Zeiten von hohem Zeitdruck und in Change-Prozessen, so zu agieren, dass sich Ängste und Anspannungen nicht potenzieren.

Zum anderen hilft es, den Mitarbeitenden klar zu kommunizieren: Wir brauchen als Unternehmen nicht nur Digital Natives, sondern auch Beschäftigte, die wertvolle Berufserfahrung besitzen. Eine wertschätzende Unternehmens- und Führungskultur – die sich auf den Faktor „Team & Kollaboration“ fokussiert, signalisiert den Beschäftigten, dass sie wichtig für das Unternehmen sind und ihre Arbeit anerkannt wird – auch unabhängig von den digitalen Kompetenzen. Dies kann den Druck, den die Digitalisierung aufbaut, entsprechend reduzieren und eine Offenheit gegenüber zusätzlichen Lernangeboten (zur Nutzung digitaler Tools) kreieren.

 

Fazit & Ausblick auf das Jahr 2025 

Nur durch eine aktive Auseinandersetzung mit möglichen Irrtümern besteht die Chance, interne BGM-Prozesse weiterzuentwickeln und im Hinblick auf die ausformulierten Ziele zu optimieren. Dabei können durchaus neue Fehler passieren, die wiederum neue Lernerfahrungen hervorbringen. Auf diese Weise gerät das Betriebliche Gesundheitsmanagement auf eine immer höhere Stufe und wird – durch den regelmäßigen Austausch mit Experten und unter Hinzuziehung entsprechender Fachexpertise in den einzelnen Handlungsfeldern – kontinuierlich verbessert.

Denn letztendlich würde in der heutigen Arbeitsrealität ja der größte Fehler darin bestehen, erst gar kein BGM im Unternehmen zu implementieren bzw. die Gesundheit der Beschäftigten nicht zu berücksichtigen. Gerne stehen wir Ihnen bei allen Fragen zur betrieblichen Gesundheit – zur Implementierung oder Weiterentwicklung bestehender Angebote bzw. Prozesse – zu jeder Zeit zur Seite.

BGM-Beratung

Themenbereich:

Health Management - People & Culture

Autoren

André van de Kamp

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